Sie fühlen sich wieder daheim, die 80 Senioren aus dem Altenpflegeheim "Emanuel Gottlieb Flemming". Fast zwei Jahre lang wurde ihr Haus 31 saniert, ein Anbau mit 17 Bewohnerplätzen entstand vollkommen neu. Schon im vergangenen Herbst konnten sie zurück in ihre alte neue Heimat ziehen. Immerhin ist der denkmalgeschützte Teil des Gebäudes fast 100 Jahre alt, entspricht jetzt aber genau wie der Neubau modernsten Pflegestandards. Bei der offiziellen Eröffnung am 12. Mai war Internationaler Bund (IB) als Träger der Einrichtung mit Präsident Bruno W. Köbele, Vorstandsmitglied Silvia Schott und Verbundsgeschäftsführer Dr. Volkmar Richter vertreten. Köbele erinnerte an die Hürden und Hemmnisse, an Bestimmungen des Denkmalschutzes, an Bauvorschriften und Finanzierungsmodalitäten, die sogar den Architekten Marohn an den Rand der Verzweiflung getrieben hätten. Die Glückwünsche der Landesregierung zur Neueröffnung überbrachte Sozialministerin Helma Orosz, Ilse Schulze vertrat die Heimbewohner. Die Schlüssel übergab Gustav Marohn. Fast 5,8 Millionen Euro haben Um- und Neubau gekostet. Mehr als die Hälfte steuerte der Bund bei, jeweils zehn Prozent die Stadt Chemnitz und der Freistaat Sachsen, Geld kam auch von der Fernsehlotterie und der Aktion Mensch. Der IB übernahm die restlichen 1,2 Millionen Euro. Die 57 Einzel- und zwölf Doppelzimmer sind mit Telefon- und TV-Anschluss sowie Rufanlage ausgestattet. Auf jeder der drei Etagen gibt es einen Speiseraum. Die Appartements im Anbau sind zwischen 35 und 60 Quadratmeter groß, bei einer Miete von sechs Euro pro Quadratmeter. Die Bewohner können sich mit ihren eigenen Möbeln einrichten und auch ein Haustier mitbringen. Betreut werden die 80 Frauen und Männer, von denen 29 blind oder stark sehbehindert sind, von 39 IB-Mitarbeitern und einem Heimarzt. Eine Physiotherapie und ergotherapeutische Angebote sind weitere Bestandteile der umfassenden Betreuungs- und Pflegeleistungen des Heims.
Das Haus "Emanuel Gottlieb Flemming", benannt nach dem Privatgelehrten, der 1809 die erste Sächsische Blindenschule gegründet hat, ist ein Gebäude mit Geschichte: Vor 99 Jahren entstand die "Königlich-Sächsische Landes-Erziehungs-Anstalt für Blinde und Schwachsinnige" in Chemnitz-Altendorf. Das Gut auf 67 Hektar Land hatte eine eigene Molkerei, Kesselhaus, Gärtnerei, Felder und Wald. Die eigenständige Einrichtung wird später durch einen Kindergarten, ein Alten- und Pflegeheim und einen Friedhof ergänzt. Es ist eine der größten zusammenhängenden Jugendstil-Anlagen in Deutschland. Zu Zeiten der DDR entwickelt es sich zur überregionalen Hauptausbildungsstätte für Blinde und Sehbehinderte.